Helmut Tröstl

In der DÄVT-Mitgliederversammlung im Oktober 2017 kandidierte Herr Dr. med. Helmut Tröstl nicht mehr als Vizepräsident der DÄVT. Er gehört zu den Gründungsmitgliedern des Verbandes und war über viele Jahre Mitglied im Vorstand.

In einem durchaus turbulenten Umfeld war er über all die Jahre hinweg der konstante Ruhepol und Richtpunkt der DÄVT und gab die zentralen Werte des Verbandes an die hinzukommenden Mitglieder weiter. So gelang es ihm, mit dafür zu sorgen, dass ärztliche Verhaltenstherapie aus ihrem Schattendasein heraustreten konnte und ein deutlich hörbares Forum in der Diskussion und Weiterentwicklung der ärztlichen Psychotherapie wurde.

Helmut Tröstl vertrat die DÄVT unter anderem im Beratenden Fachausschuss Psychotherapie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sowie in zwei Unterausschüssen (KBV) und er ist bis jetzt Mitglied der Ständigen Konferenz ärztlich psychotherapeutischer Verbände (STÄKO). Für den Verband und seine Ziele, besonders im Bereich der ambulanten Versorgung, setzte er sich im Rahmen seiner Vorstandstätigkeit immer in hervorragender Weise ein und zeichnete sich durch ein großes Verhandlungsgeschick aus.

Herr Dr. Tröstl hat uns einen Einblick in seinen Lebenslauf zur Verfügung gestellt, der eindrucksvoll seinen beruflichen Werdegang im Zusammenhang mit der Entwicklung der ärztlichen Verhaltenstherapie in der Bundesrepublik zeigt:

„Eine Freundin meiner Frau war mit einem Psychologen aus dem MPI (Heiner Legewie) verheiratet. Dadurch lernte ich Herrn Dr. Schwarz, der als Oberarzt im MPI tätig war, kennen.  Er war gerade dabei, die Psychosomatische Klinik in Windach am Ammersee zu gründen. Da ich gerade eine Assistentenstelle suchte, stellte ich mich bei Dr. Schwarz vor und erhielt 1977 eine Stelle an der Klinik. In Windach bekam ich meine ersten Einführungen in die Verhaltenstherapie. Zur damaligen Zeit war die Verhaltenstherapie noch etwas Exotisches. Herr Prof. Brengelmann vom MPI hatte sie nach Deutschland gebracht. Wir von der Psychosomatischen Klinik Windach reisten durch die Lande, nach Weinsberg, Zwesten und in andere Orte und stellten dort die neue Therapieform vor.

Von 1980 - 1983 absolvierte ich meine Ausbildung in Psychiatrie und Neurologie und erwarb in der Psychiatrisch-Neurologischen Klinik in Göppingen den Doppelfacharzt als Nervenarzt. Auch hier konnte ich Elemente der Verhaltenstherapie auf der psychiatrischen Station einbringen, da in dieser Klinik schon zur damaligen Zeit Psychologen auf den psychiatrischen Stationen arbeiteten. Selbstsicherheitstraining, soziales Kompetenztraining und Gruppentherapie bei depressiven Patienten fanden somit in der Psychiatrie in Göppingen Eingang in das Therapieprogramm. Ursprünglich wollte ich als Funktionsoberarzt von Göppingen nach Ingolstadt wechseln. Da aber die dortige Stellenerrichtung so lange dauerte, fielen meine Berufung als Oberarzt nach Ingolstadt und meine Niederlassung in München auf den gleichen Tag.

In München herrschte - wie damals üblich - psychoanalytische und tiefenpsychologische Therapie vor. Die Zusammenarbeit mit Psychologen galt als „unärztlich“ und wurde von der KV beanstandet. Trotzdem baute ich ein Netz von Psychologen um meine damalige Praxis auf (ca. 50 Psychologen) und war dadurch in der Lage, immer mehr Patienten einer psychotherapeutischen Behandlung zuzuführen. Ein Teil der Münchner Hausärzte und Internisten waren für diese Arbeit sehr dankbar, da sie bei ihren Versuchen, Patienten bei Psychoanalytikern unterzubringen, auf große Schwierigkeiten gestoßen waren. Zum damaligen Zeitpunkt bezahlten die Krankenkassen einen Zuschuss von 23,00 Deutsche Mark pro Therapiestunde. Der Rest war von den Patienten selbst zu tragen. Trotzdem fanden sich viele Patienten, die bereit waren, diese Kosten selbst zu übernehmen. Die Anerkennung durch die KV war ein äußerst mühsames Unterfangen.

Zusammen mit Serge Sulz und Ludwig Grünwald unterzogen wir uns quälenden Selbsterfahrungsgruppen, sog. gemischten Gruppen, bestehend aus Patienten und angehenden Therapeuten. Zum damaligen Zeitpunkt eröffnete die Psychosomatische Klinik Windach ihr Ausbildungsinstitut und viele Psychologen und Ärzte absolvierten einen Teil ihrer Ausbildung bei mir. Als Mitglied im Vorstand des VfkV war ich am Aufbau des ersten Ausbildungsinstituts beteiligt.

Anfang der 90iger Jahre trafen sich die ersten Vertreter aus Deutschland zur Gründung einer  „Ärztlichen Gesellschaft für Verhaltenstherapie“. Neben der Klinik Windach waren Herr  Prof. Meermann aus Bad Pyrmont, Herr Mark aus Dürkheim und weitere Personen an der Gründung beteiligt. Erste Treffen fanden in Frankfurt statt, später dann in wechselnden Städten. Unter der Federführung von Herrn Prof. Meermann kam es dann zur Gründung der „Deutschen Ärztlichen Gesellschaft für Verhaltenstherapie“ und meinem Eintritt in das Präsidium neben Norbert Mark.

Mit der Etablierung des Psychotherapeutengesetzes um 2000 wurden auch die KV-Gremien neu geordnet und ich erhielt Sitz und Stimme im Beratenden Fachausschuss, wo ich ca. 8 Jahre lang Mitglied war.

Soweit ich mich entsinne, war ich in der DÄVT durchgängig im Vorstand tätig und habe an den meisten Aktivitäten der DÄVT mitgewirkt. Neben der konkreten inhaltlichen Arbeit konnte ich aufgrund meiner guten Vernetzung und Verbindungen wesentlich mit dazu beitragen, dass die DÄVT, zumindest im Bereich der ärztlichen Institutionen, Verbände und Universitäten bekannt wurde und entsprechend Mitglieder gewinnen konnte. In den letzten Jahren meiner Arbeit im Vorstand habe ich mich vor allem darum bemüht, Vertreter der DÄVT in wichtige Gremien zu etablieren.

Ich werde auch weiterhin der DÄVT zur Verfügung stehen und beratend im erweiterten Vorstand mitwirken. Ich glaube nach wie vor, dass verhaltenstherapeutische Maßnahmen und die davon abgeleiteten Therapieformen am ehesten geeignet sind, Menschen dazu anzuleiten, problematische Lebensentwicklungen und Verhaltensmuster zu verändern, wobei insbesondere der aktive Anteil der Veränderung für mich nach wie vor der entscheidende, weil wirksame Faktor ist.“

Soweit der Rückblick von Herrn Tröstl auf seine Vorstandstätigkeit  und nun überlässt er uns „Jungen“ die aktive Arbeit an vorderster Front, während er im erweiterten Vorstand – jetzt weniger im Scheinwerferlicht - weiterhin für uns sehr wertvolle und wichtige Verbandsarbeit leistet. Darüber sind wir sehr froh und danken Ihm für seine hervorragende kollegiale Unterstützung.

Im Namen des gesamten Vorstandes und erweiterten Vorstandes der DÄVT

Prof. Dr. Dr. Serge Sulz         Dr. med. Christian Ehrig         Dr. med. Wolfgang Engelhardt

Ehrenpräsident der DÄVT      Präsident der DÄVT               Vizepräsident der DÄVT