DÄVT-Newsletter: 30. September 2022
TOP 1: Strategien gegen Marginalisierung der Ärztlichen Psychotherapie
Liebe Mitglieder,
die letzten Sommerferien der Bundesländer sind zu Ende gegangen und wir hoffen, Sie haben sich gut erholt!
Die DÄVT war nicht untätig; wir haben unsere monatlichen Zoom-Konferenzen ohne Pause fortgesetzt und uns am 2. September zu einer ganztägigen Präsenz-Vorstandssitzung mit dem gewählten und erweiterten Vorstand in Würzburg getroffen.
Die Neuwahl des Vorstands wurde u. a. vorbereitet. Erfreulicherweise konnten wir eine Reihe von weiteren DÄVT-Mitgliedern dafür gewinnen, als Mandatsträger für die DÄVT bei der Entwicklung neuer Leitlinien mitzuwirken. Allen DÄVT-Mandatsträgern gebührt unser herzlicher Dank!
TOP 1:
Unser Hauptthema ist seit Monaten die bedrohliche Marginalisierung der ärztlichen Psychotherapie durch Mangel an qualifiziertem Nachwuchs. Diese Entwicklung sehen wir mit großer Sorge!
Der Bedarf an Psychotherapie ist groß und zunehmend: In der Corona-Pandemie ist er besonders wegen Patient:innen mit Angsterkrankungen und Depressionen gestiegen; durch aktuelle Zukunfts- und Existenz-Ängste im Rahmen von Krieg und Energiekrise steigt der Bedarf sicher weiter.
Quarantänezeiten als Kontaktperson, Covid- und andere Erkrankungen oder Beschäftigungsverbote für Schwangere führten in Klinik und Praxis zu Ausfällen in der Basisversorgung und als Folge zum Hintenanstellen der Psychotherapie. Erklärlich, aber auch sehr bedauerlich für die betroffenen Patient:innen.
Vor einem Jahr haben wir mit unserem Festkongress auf die vielen wichtigen Facetten spezifisch Ärztlicher Verhaltenstherapie zur Deckung dieses steigenden Bedarfes hingewiesen. Nun betrifft der jetzige, allgemein beklagte Fachkräftemangel, auch Fachärzte in allen „Psycho und Neuro“ Bereichen und die Psychotherapie selbst.
Die Corona-Pandemie bedingte monatelange Verzögerungen und sogar Unterbrechungen ärztlicher Weiterbildung. Facharztprüfungen erfolgten später als gewünscht. Kreative Online-Angebote halfen nur bedingt bzw. wurden von LÄK nur in begrenztem Umfang als Alternative zugelassen.
Die DÄVT will ihrem Auftrag gemäß Erhalt, Attraktivität und Qualität der Ärztlichen Psychotherapie fördern!
Wir prüften daher die Kriterien aller Landesärztekammern in Bezug auf die Erteilung von Befugnissen in Verhaltenstherapie und fanden ein sehr uneinheitliches Vorgehen. Kolleg:innen berichten über mühevolles Anerkennen lassen von PT-Weiterbildungsbausteinen bei Wechsel der Weiterbildungsstätten oder Umzug mit ÄK-Wechsel. Letztlich gibt es einen beklagenswerten Mangel an qualifizierten VT-Befugten (Weiterbildungsermächtige der LÄK), insbesondere an Ärztlichen Selbsterfahrungsgruppen-Leiter:innen, Ärztlichen IFA-Gruppen-Leiter:innen und Ärztlichen Supervisore:innen. Zumal bei den beiden ersten Bausteinen „Out-Door-Leiter“ gefordert sind. Die Selbsterfahrung ist ein wahrliches Nadelöhr geworden mit lokalen Wartezeiten von über 2 Jahren! Das erschwert und verzögert angehenden ärztlichen Kolleg:innen ihre verhaltenstherapeutische Weiterbildung.
Wir sehen uns auch aufgrund von Anfragen an die DÄVT veranlasst, VT-Weiterbildungsangebote zu vermitteln bzw. selbst anzubieten. Dazu suchen wir qualifizierte Kolleg*innen, die uns in diesem Anliegen unterstützen.
- In den letzten Monaten analysierten wir dazu Befugnisse unserer eigenen Mitglieder. Wir schrieben zunächst nur die Befugten mit einem DÄVT-Zertifikat als IFA-Leiter:in und Supervisor:in an, mit dem Wissen, dass die DÄVT-Zertifikate zumeist ÄK-übergreifend Anerkennung finden. Diese Analyse erfolgte insbesondere das Ziel, ihre Befugnisse mit ihrem Einverständnis für Kolleg*innen effektiver, schneller und wohnortnah verfügbar zu machen.
Das Ergebnis bestätigt unsere Annahme, dass auch in unserer Gesellschaft ein Mangel an Verfügbarkeit besteht, zumeist wegen Zeitmangel. Wir sehen die dringende Notwenigkeit bestätigt, sich hier zu weiter zu engagieren!
- Mit der in Kürze zu verschickenden Einladung zur DÄVT-Mitgliederversammlung werden wir alle Mitglieder befragen, ob sie eine Weiterbildungsermächtigung einer LÄK in VT-Bausteinen haben. Wir hoffen, dass gerade die „alten Hasen“ als möglicherweise eher zeitlich verfügbare Lehrtherapeut:innen bereit sind, sich bei der Ausbildung von Neu-Befugten zu engagieren. Wir sind über jede Unterstützung und entsprechende Rückmeldung dankbar!
- Wir stellten in diesem Jahr den Antrag auf Aufnahme als kooperierendes Mitglied bei der DGPPN, um u. a. gemeinsam und besser vernetzt Ärztlich-Verhaltentherapeutische Weiterbildung anbieten zu können. Die Aufnahme der DÄVT bedarf der Zustimmung der DGPPN -Mitglieder in deren Mitgliederversammlung. Wir bitten wir alle Mitglieder unserer Gesellschaft, die auch Mitglieder der DGPPN sind, um Unterstützung bei der Abstimmung. Die DGPPN- MGV findet am Donnerstag, den 24. 11. 22 von 19.15 Uhr bis 21.15 Uhr im City Cube, A6, in Berlin statt. Vielen Dank !
- Eine Kooperationsanfrage an die DGPM/DKPM ist in Vorbereitung.
- Die langjährige Kooperation mit der Deutschen Balintgesellschaft führte bereits zu Angeboten von IFA-Gruppen und IFA-Leitergruppen mit qualifizierten IFA-Leitern an ihren Balint-Tagungen.
- Anfang Oktober 2022 haben wir alle uns bekannten Psychotherapie-Weiterbildungs-Institute (ca. 100) zu einem Zoom-Austausch zu diesem Thema eingeladen. Ziel ist auch hier, Vernetzungs-Optionen zu prüfen.
Es wird künftig drei Berufsgruppen geben, die Psychotherapie anbieten:
Psychologische Psychotherapeut:innen, „neue“ Psychotherapeut:innen und Ärztliche Psychotherapeut:innen.
Wir sind der festen Überzeugung, dass ärztliche Psychotherapeut:innen mit ihren zusätzlichen medizinischen und psychiatrisch-psychosomatischen Facharzt-Kenntnissen einer großen Gruppe von Patient:innen hochkompetente Angebote, auf deren spezifische Bedürfnisse zugeschnitten, anbieten!
Im Interesse der Versorgung der Patient:innen wünschen wir uns ein synergistisches Miteinander und setzen uns intensiv für die Stärkung der Ärztlichen Psychotherapie ein!
Im Namen des gesamten Vorstands grüßt Sie herzlich
Dr. med. Beate Deckert
Präsidentin DÄVT