TOP 1: Newsletter-Serie zu unserer Leitlinienarbeit
Heute:
S3-Leitlinie „Behandlung von Angststörungen“
Liebe Kolleg*innen,
heute setzen wir die kleine Newsletter-Serie mit Informationen über unsere Leitlinien-Beteiligung fort.
Engagierte DÄVT-Mitglieder vertreten die DÄVT in verschiedenen Leitlinien-Gremien, die zumeist von der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V.) koordiniert werden. Die DÄVT ist Mitglied in diesem Dachverband von fast 200 Fachgesellschaften; Prof. T. Messer, Pfaffenhofen vertritt in der AWMF die DÄVT seit vielen Jahren als unser Delegierter und Leitlinien-Beauftragter. Seine Stellvertreter sind Dr. T. Wiehn und Prof. Meisenzahl. Alle drei sind im erweiterten Vorstand aktiv mitarbeitend!
Die unsagbar aufwändige ehrenamtliche Tätigkeit der LL-Mandatsträger findet zumeist - bis zur Konsentierung durch unseren Vorstand - unaufgeregt im Hintergrund statt und wird dementsprechend viel zu spät und viel zu wenig gewürdigt. Gleichermaßen sind die Ergebnisse für unseren ärztlichen Alltag unverzichtbar. Anlass genug, die LL-Vertreter und ihre LL-Arbeit allen DÄVT-Mitgliedern vorzustellen. Die Mandatsträger selbst berichten in diesem Newsletter-Format über die wichtigsten Informationen und Ergebnisse ihrer letzten konzertierten LL.
Heute berichtet unser DÄVT- Mitglied Herr Univ.-Dozent Dr. med. Gernot Langs über die S3 Leitlinie Angststörungen. Er ist Ärztlicher Direktor der Schön Klinik Bad Bramstedt, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Biofeedbacktherapeut. Ergänzend noch folgende Daten zu seinem beruflichen Lebenslauf: 1990-1996 Ausbildung zum FA für Psychiatrie und Neurologie an der Medizinischen Universität in Graz und am Anton Proksch Institut Wien; 2000 Habilitation im Gesamtfach Psychiatrie an der Med Uni Graz; 1997-2006 OA in der Schön Klinik Bad Barmstedt; 2006-2009 Chefarzt in der Schön Klinik Bad Arolsen; 2009- jetzt Chefarzt in der Schön Klinik Bad Bramstedt. Seine Schwerpunkte sind Affektive Störungen, Somatoforme Störungen, Angststörungen und Rehabilitation. Schon seit ca. 2011 mit Beginn der Erstfassung dieser Leitlinie ist er beteiligt, die 2014 erstmals veröffentlicht wurde.
Hier zitieren wir seinen Kurzbericht zur Erstellung der AWMF S3 Leitlinie „Behandlung von Angststörungen“
Am 6. April 2021 wurde die überarbeitete Version der S3 Leitlinie „Behandlung von Angststörungen“ der AWMF veröffentlicht. Die Erstveröffentlichung erfolgte im April 2014. In der Konsensgruppe waren 34 Vertreter:innen aus Fachgesellschaften und ein:e Patient:innenvertreter:in, die methodische Unterstützung lag in den Händen von Frau Prof. Dr. Knopp (AWMF).
Die Kriterien für die Erfüllung der Vorgaben für eine S3 Leitlinie sind detailliert operationalisiert und basieren auf den DELBI Kriterien an (DELBI = Deutsches Leitlinien-Bewertungsinstrument).
Leitliniengrundlagen — Leitlinien.de
Welche Änderungen sind aus Sicht der Verhaltenstherapie interessant?
Bei der Literatursichtung wurde relativ rasch klar, dass in der Behandlung von Angststörungen verhaltenstherapeutische Methoden weiterhin Mittel der 1. Wahl sind. Insofern haben sich bzgl. der Empfehlungsgrade keine Veränderungen ergeben.
Interessant war die Diskussion um den Einsatz von Internetinterventionen. Dazu liegen zwar Studien vor, wobei die meisten nicht den Kriterien einer randomisierten kontrollierten Studie (randomized controlled trial, kurz RCT) entsprechen. Insofern ist es nachvollziehbar, dass nur ein Expertenkonsens möglich war.
Auch wenn Persönliches in einem Bericht zu einer LL keinen Platz haben sollte: es bleibt bei mir der Eindruck, dass hier auch ein Politikum eine Rolle spielt. Devise: Psychotherapie kann nur wirksam sein, wenn Therapeut:in und Klient:in sich gegenübersitzen. Im Jahr 2019 haben ein Kollege und ich bei einem Vortrag die unangenehme Erfahrung gemacht, dass viele Therapeut:innen sich gar nicht mit dem Thema auseinandersetzen wollen, da sie internetbasierte Interventionen per se ablehnen. Die Coronakrise hat dann aber gezeigt, dass diese Interventionen möglich sind und „der Not gehorchend“ dann doch mehr Therapeut:innen als erwartet diese Therapien angeboten haben – da diese auch von den Krankenkassen finanziert wurden. Honi soit qui mal y pense …
Aus meiner Sicht kann die Verhaltenstherapie in der Zukunft gerade auf dem Gebiet internetbasierter Interventionen gut punkten: auch indem Studien durchgeführt werden, die in die nächste Version der S3 Leitlinie einfließen können: dann aber, so meine Hoffnung, mit dem Empfehlungsgrad A+.
S3-Leitlinie Angststörungen (awmf.org)
Die DÄVT dankt Herrn Langs sehr für seine über 10 jährige engagierte LL-Arbeit und heute besonders für seine Ausführungen über die verhaltenstherapeutisch sehr bedeutsame Leitlinie!
Wir wünschen ihm weiterhin viel Erfolg und Spaß in der Sache!
Im Namen des gesamten Vorstands grüßt Sie herzlich
Dr. med. Beate Deckert
Präsidentin